Bewahrung und Transfer des Wissens der Tibetischen Medizin
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Empfehlungen

1. Überprüfung von Ausbildungszertifikaten

Erlauben Sie sich die Ausbildungszertifikate und Nachweise klinischer Erfahrung zu verlangen und zu überprüfen.

1.1 Tibetische Medizin

Aufgrund wiederholter Warnungen durch Ärzte der Tibetischen Medizin vor Scharlatanen, die sich in Europa als Mediziner/ Medizinerinnen der Tibetischen Medizin ausgeben, bei Interviews seit dem Jahr 2006 bis heute wird empfohlen deren Qualifikation und klinische Erfahrung zumindest mithilfe der Prüfung entsprechender Ausbildungszertifikate zu überprüfen bevor man die eigene Gesundheit in die Hände von jemandem legt.

Aufgrund von erstaunlichen Aussagen beispielsweise zur "Stabilisierung von Diabetes innerhalb einiger Wochen ohne die Notwendigkeit späterer Medikation" (Interview in Kathmandu/ Nepal am 7.10.2018), kann nur empfohlen werden das Wissen zum entsprechenden Krankheitsbild gründlich zu erfragen, einschließlich der Vorlage vergleichender Therapiestudien zum entsprechenden Krankheitsbild, und mit aktuellem Allgemeinwissen zu vergleichen, um Komplikationen wie sie bei Diabetes auftreten würden zu vermeiden.

Es gibt ferner zwei in Europa hergestellte Kräuter-Rezepturen aus dem pharmakologischen Wissen der Tibetischen Medizin, die von der Schweizer Krankenkasse bezahlt werden (Gespräch am 4.11.2018 in Kathmandu/ Nepal; Bestätigung durch den Head of Regulatory and Medical Scientific Affairs der PADMA AG am 19.11.2018). Bei diesen besteht nicht das Risiko von Schwermetallbelastung.

1.2 Buddhistische Gruppierungen

Aufgrund von Lehrenden ohne Ausbildung oder mit einer Ausbildung von beispielsweise lediglich zwei Wochenenden sowohl in der buddhistischen Philosophie wie auch in den buddhistischen Meditationstechniken wird empfohlen deren Ausbildungsqualifikation nachzugehen und deren Ausbildungszertifikate zu verlangen.

Als Qualifikationskriterium reicht es nicht aus, sich einfach als ein Entsandter/ eine Entsandte oder Abgeordneter/ Abgeordnete von irgendjemandem in Asien (im Sinne von intransparenter Lehrer-Schüler Sukzession) zu bezeichnen.

Da im tibetischen Buddhismus sowohl Feudalstrukturen wie auch jahrhundertealte Konflikte zwischen Gruppierungen unreflektiert in den Westen kopiert werden und da größere Gruppierungen häufig nach asiatischer Hierarchie abgewickelt werden, ist es genau so wichtig auch die Qualifikationen von Zentrumsmanagern, Übersetzern und aller Lehrenden für deren Tätigkeiten und Aufgabenbereiche zu prüfen und zu definieren. Denn das selbstüberschätzende Motto man mache einfach was man könne, wenn man es nur schafft sich zu behaupten und durchzusetzen, egal zu welchem Preis für andere Gruppenmitglieder und auf einer Grundlage fehlender Demokratisierung von Gruppenprozessen, kann kein hinreichendes Qualifikationskritierium sein, wenn die Gesundheit, Würde und Wohlbefinden sowie die Zukunft von Menschen auf dem Spiel steht.

2. Einführung einer verpflichtenden Whistleblowing-Guideline für alle Gruppenmitglieder

Aufgrund aktueller Vorfälle in unterschiedlichen buddhistischen Gruppierungen, bei denen sich zeigt, dass Situationen sich im Laufe von Jahren oder Jahrzehnten weiterentwickelten ohne eingegrenzt oder geklärt zu werden, wird empfohlen einen für alle Gruppenmitglieder verpflichtenden Whistleblowing-Leitfaden einzuführen, den alle Gruppenmitglieder unterschreiben und an die sie gebunden sind mit klaren Konsequenzen bei Nichteinhaltung dieser Richtlinien. Aufgrund der häufig extremen Hierarchisierung asiatischen Stils sind hierbei externe Instanzen unbedingt nötig, die jedem Whistleblowing nachgehen und es transparent dokumentieren sowie auch die Einführung der Lösungsansätze überprüfen und gegebenenfalls weitere Maßnahmen ergreifen können.

Der unbedingt notwendige bedingungslose Schutz von Betroffenen und Whistleblowern stellt die Grundbedingung zur Entwicklung einer derzeit of kaum vorhandenen sozialen Kontrolle in der Gruppe bei gleichzeitiger Abschottung gegen externe Kontrolle dar.

Legen Sie insbesondere fest, dass jedes einzelne Gruppenmitglied, auch die Leitung, deren Verwandtschaft, Instruktor/inn/en oder Übersetzer/innen, sich an die Landesgesetze des Landes, in dem sie sich befinden, zu halten hat und dass Machtmissbrauch angezeigt werden soll und auf deren Grundlage verfolgt wird anstatt ihn mit dem absurden Konzept einer speziell auf irgendeine spezifische oder unliebsame Person abgesehenen "Karma-Reinigung" auch noch zu verbrämen.

Aufgrund von derzeit fragwürdigen Identifikationsforderungen bei gleichzeitig vorliegenden Befehlsstrukturen in buddhistischen Gruppierungen ist die Festlegung der Verantwortung jedes einzelnen Gruppenmitglieds für seine/ ihre verbalen und physischen Handlungen ein zentraler Aspekt. Legen Sie Konsequenzen für fehlende Verantwortungsübernahme, Schädigung durch Befehlsweitergabe und unreflektierten Befehlsausführung, für Mobbing und Rufmord gegenüber Gruppenmitgliedern oder irgendjemanden außerhalb  der eigenen Gruppe auf der Grundlage der Landesgesetze fest anstatt der Gruppenleitung und den von ihr auserwählten Helfern absolute Macht zuzuschreiben.

Befragen Sie zu Beginn der Einführung von Whistleblowing in Ihrer Organisation insbesondere diejenigen, die die Gruppe im Laufe der Jahre verlassen haben und entwickeln Sie die entsprechenden Richtlinien auf der Grundlage ihrer Informationen, anhand der sich immer weiter wiederholenden schädigenden Themenkomplexe in Ihrer Gruppe und mithilfe einer Einführung demokratischer Prozesse in das Gruppengeschehen.

Sammeln und analysieren Sie diejenigen Termini und Konzepte, die dazu genutzt wurden und werden Schädigung welchen Ausmaßes auch immer rechtzufertigen. Ein Bespiel dafür ist das absurde Konzept einer "Karma-Reinigung". Obwohl diese Termini derzeit eng mit neo-buddhistischer Terminologie und Interpretation in Europa und Amerika verknüpft sind, kann weiterer Schaden, der auf solcher Grundlage zugefügt wird, nur abgewendet werden indem sie explizit gemacht, zur Diskussion gestellt und aus dem Sprachgebrauch und konzeptuellen Denken der Gruppe zurückgewiesen werden. Erklären Sie in Ihren Whistleblowing-Richtlinien die Gefahren von solcherlei Konzepten in den Händen von Scharlatanen, Narzissten und Personen, die ihre Macht missbrauchen.

In diesem Kontext und mit dem Ziel der Verhinderung weiteren Schadens kann eine Veröffentlichung von Missständen als ein zulässiges Verfahren zur Herstellung sozialer Kontrolle anstatt der Identifikation mit Einzelpersonen oder nur propagierten Idealvorstellungen dienen.

Legen Sie gruppeninterne Regeln und Konsequenzen bei Willkürhandlungen irgendjemandem gegenüber (verbal oder physisch) und bei Amts- und Machtmissbrauch in jeglicher Form, insbesondere bei sexuellen Übergriffen auf oder körperlicher Misshandlung von Minderjähren oder erwachsenen Personen, die sich nicht auf derselben Hierarchieebene oder in einer psychischen Krise befinden, fest. Legen Sie auch gruppeninterne Regeln und Konsequenzen bei Verleumdung von Gruppenmitgliedern oder Außenstehenden fest, einschließlich der Übergabe solcher Vorfälle an die entsprechenden Strafverfolgungsbehörden des Landes.

Legen Sie das Prozedere und die zuständigen Instanzen bei strafrechtlich relevanten Vorfällen, egal aus welcher Hierarchie-Ebene fest. Da interne Tabuisierung lediglich größeren Schaden verursacht und weitere Opfer fordert, ist die Festlegung und Einhaltung eines klaren Prozederes der Übergabe zur Verfolgung strafrechtlich relevanter Vorfälle an die Landesbehörden sowie bei international agierenden Gruppen an alle entsprechenden Landesbehörden an dieser Stelle nötig.

3. Überprüfung der Integrität von Lehrenden, Übersetzern und Managern und soziale Kontrolle

Aufgrund mangelnder sozialer Kontrolle derjenigen, die zwischen Asien und Europa oder Amerika hin- und herreisen, ist es nötig Maßnahmen zu finden, um diese wiederherzustellen.

Überprüfen Sie insbesondere den Lebensstil der Lehrenden und fordern sie Transparenz, beispielsweise wenn Personen in Mönchs- oder Nonnenkleidung oder Klosterleiter ihre Liebesbeziehungen lediglich geheim leben und darüber hinaus keine Alimente für ihre Kinder zahlen.

Erlauben Sie sich Missstände öffentlich zu machen anstatt sie immer weiter zu tabuisieren, denn sie werden sich an anderen Stellen in der Organisation schädigend auswirken. Bei schamlos agierenden Personen, die Tabuisierung und gleichzeitig absoluten Gehorsam verlangen, ist Öffentlichkeit das einzige adäquate Mittel.

Erlauben Sie sich zu überprüfen wer von Ihren Seminarbeiträgen und Spenden profitiert und ob diese Einkommen versteuert werden und stellen Sie Transparenz in der Dokumentation der Geldflüsse, insbesondere in internationalen Gruppierungen, her. 

4. Verantwortungsübernahme und Maßnahmen gegen Indoktrination

Erlauben Sie sich Fragen zu stellen, um direkte und indirekte Indoktrination (durch Lehrende oder deren Übersetzer/innen) zu verstehen und nehmen Sie kritische Fragen, die aus Ihrem persönlichen Umfeld kommen, ernst. Erlauben Sie sich auch, Fragen zu stellen, die "hidden agendas" aufdecken anstatt sich einer Befehlskultur einzuordnen, die tabuisiert und auf finanziellen Profit einzelner und lediglich Expansion zielt.

5. Menschenrechte und der Umgang mit Frauen in buddhistischen Gruppen

Erlauben Sie sich die Einhaltung von Menschenrechten, insbesondere den Umgang mit (allen) Frauen in Ihrer Gruppe und der Ausbeutung von deren Arbeitskraft zum Wohle einiger weniger (z.B. Gruppenleiter, Übersetzer und deren Freund/inn/en) zu prüfen.

Führen Sie einen genderspezifischen Sprachgebrauch ein und reflektieren Sie über die Implikationen wie auch Aktualisierung von jahrhundertealten frauenverachtenden Textstellen anstatt reflexionslos Konzepte, in denen Frauen erniedrigt werden, und Feudalstrukturen in buddhistische Zentren in Europa oder Amerika zu kopieren.

© Anne Iris Miriam Anders, Forschungsprojekt TransTibMed, Oktober 2018